Noblesse Oblige

Würden Sie gerne mehr über das belgische Königreich erfahren?

Viele Details über Belgien sind nicht unbedingt in der ganzen Welt bekannt. Das gilt auch für unser Königshaus, das eher zurückhaltend auftritt und nicht gerade für Skandale in der Yellow Press berühmt ist. Deshalb hier einige interessante Fakten, die Sie (auch als Belgier) vielleicht noch nicht wussten:

1. Der erste belgische König war ein Deutscher

 
Nachdem Napoleon 1815 die Schlacht bei Waterloo verloren hatte, wurde Europa neu aufgeteilt. Das belgische Territorium wurde den Niederländern zugesprochen, die sich hier jedoch nicht gut repräsentiert fühlten. Religiöse und kulturelle Unterschiede sowie die Autorität des Königs Wilhelm führten nach einer legendären Opernaufführung in Brüssel im September 1830 zu Unruhen auf den Straßen. Dieser Aufstand weitete sich zu einer regelrechten Revolution aus, und bald war das gesamte belgische Territorium in den Händen der Revolutionäre.
 


 
Im Oktober wurde dann die Unabhängigkeit Belgiens ausgerufen. Im Februar 1831 verabschiedete der Nationalkongress die belgische Verfassung mit der Staatsform einer konstitutionellen Monarchie. Die europäischen Siegermächten Russland, Österreich, Preußen und Großbritannien favorisierten einen Kandidaten aus Deutschland: Leopold, Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha. Nachdem Leopold die Ernennung zum König von Griechenland abgelehnt hatte, nahm er das Angebot der belgischen Königskrone an.
 
Am 21. Juli 1831 legte er seinen Amtseid ab. Auf dieses Datum geht übrigens auch der belgische Nationalfeiertag zurück. Der heutige König Philippe ist somit erst der siebte König der Belgier.

2. Was ist bitte eine „parlamentarische konstitutionelle Erbmonarchie“?

 
Ganz einfach: Die Verfassung – die „Konstitution“ – legt die Aufgaben des Königs fest. Jeder Kronprinz muss schwören, die Verfassung und die Gesetze des belgischen Volkes zu achten, bevor er offiziell König wird.
 
Parlamentarisch, weil unser Land eine Demokratie ist: Der König symbolisiert das Land und seine Institutionen, aber die Gesetze werden vom Parlament gemacht.
Erbmonarchie, weil das Königsamt jeweils vom Vater auf seine Kinder oder bei Kinderlosigkeit auf seine Neffen übergeht. Übrigens: 1991 wurde die Verfassung geändert: Seitdem können auch Prinzessinnen den Thron besteigen, so dass Prinzessin Elisabeth, die älteste Tochter von König Philippe, wahrscheinlich die erste belgische Königin werden wird.

 

3. Belgische Symbole

 

Der Wahlspruch der Belgier nach der Revolution lautet: „Einigkeit macht stark“. Dies bezog sich auf die Vereinigung der 9 Provinzen im Jahre 1830. Das Lied von Brabant – übersetzt „Brabançonne“ – ist auch die Nationalhymne Belgiens. Sie wurde zum ersten Mal während der Revolution von 1830 angestimmt und wird heute zum Beispiel bei den Nationalspielen der „Roten Teufel“ gespielt, damit die Fußballfans sie lauthals mitsingen können.

Die belgische Flagge zeigt die Farben der Herzöge von Brabant: Schwarz, Gelb und Rot .
Das Wappentier ist ein gelber Löwe mit roter Zunge und roten Klauen auf schwarzem Grund.

 

 

Wenn der König zu Hause in Belgien ist, weht die Fahne über dem Schloss von Laeken und über dem Königlichen Palast.
Im Zusammenhang mit dem Schloss möchte ich Sie auch noch auf die Königlichen Gewächshäuser von Laeken aufmerksam machen. Diese wurden in mehreren Etappen von 1874 bis 1895 nach einem Entwurf von Alphonse Balat gebaut – quasi ein gläserner Palast aus Stahl und Glas, der die neuen Möglichkeiten der damaligen Baukunst demonstrierte.

4. Gab es dunkle Punkte in der Geschichte der belgischen Könige?

Der 2. König der Belgier, Leopold II, sprang 1865 auf die Welle der Kolonialisierung Afrikas auf und erwarb den Kongo-Freistaat als „seine Privatkolonie“ Seine Politik vor Ort war sehr hart und unmenschlich, die Menschen und das Land wurden in unvorstellbarer Weise ausgebeutet. Man schätzt, dass diese Politik für 3 bis 20 Millionen Todesopfer verantwortlich ist.

Als diese Zustände der Außenwelt mehr und mehr bekannt werden, sieht sich Leopold 1908 gezwungen, seine Kolonie unter dem Namen „Belgisch-Kongo“ an den belgischen Staat abzutreten. Die Unabhängigkeit des Kongo wird jedoch erst 1960 erklärt.

5. Welche Aufgaben hat der belgische König heute?

 
Der König – derzeit Philippe – ist das Staatsoberhaupt Belgiens und repräsentiert als solches sein Land, zum Beispiel auch bei Besuchen ausländischer Staatsoberhäupter. Er unterzeichnet Gesetze und königliche Erlasse, kümmert sich aber auch tagtäglich um die Probleme des Volkes: Er ist bei Katastrophen zur Stelle und zeigt Solidarität. Da Belgien ein überschaubares Land ist, hat ein Großteil der Bevölkerung den König oder die Königin schon einmal persönlich gesehen oder begrüßt. Belgien ist auch eines der wenigen Länder, in denen der König noch Adelstitel verleihen kann. Einfache Menschen können für politische, soziale, wissenschaftliche, sportliche oder auch wirtschaftliche Leistungen ausgezeichnet werden.

Ich selbst erinnere mich noch sehr gut daran, wie meine Eltern für ihre wirtschaftlichen Leistungen im Familienunternehmen zu „Offizieren des Leopold-Ordens“ ernannt wurden. Für sie war das damals wirklich eine große Sache, auf die sie sehr stolz waren. Auch wenn bei zwei so bodenständigen Menschen immer eine gewisse Portion Humor mit im Spiel ist …

Man kann daher geteilter Meinung darüber sein, ob der König organisatorisch zum Regieren notwendig ist, aber das Königshaus schafft ein ganz besonderes Gefühl von Kontinuität und Einheit, das über der doch sehr wechselhaften Politik steht.

Und grundsätzlich lieben die Romantiker unter uns doch auch die schönen Gebäude und Schlösser und die glamourösen Zeremonien rund um die europäischen Königshäuser. Und Hand aufs Herz: Welches kleine Mädchen wollte nicht gerne einmal Prinzessin werden? Was derzeit sogar möglich wäre, wenn das fragliche Mädchen einen der beiden Söhne von Prinz Philippe – Prinz Gabriel oder Prinz Emmanuel – heiraten würde.

6. Wie sieht die Politik bzw. der politische Ursprung von (Ost-)Belgien aus?

In der Politik geht es in Belgien manchmal etwas chaotisch zu.

Kein anderes Land war so lange ohne Regierung, weil sich die gewählten Parteien nicht einigen konnten (nach den Wahlen 2019 fast 500 Tage bis zur Bildung der Regierung unter Premierminister Alexander De Croo – Weltrekord). Doch im Alltag hat sich kaum ein Belgier wirklich darüber aufgeregt. Frei nach dem Motto: „Ohne Regierung gibt es auch keine neuen unbequemen Gesetze, die man dann wieder umgehen müsste.“

 

 

Insofern sind die Belgier aus ihrer langen Tradition der Fremdbestimmung über die Jahrhunderte ein wenig anarchisch – das kann man gut oder schlecht finden. Denn jede positive Eigenschaft hat auch ihre Kehrseite: In Deutschland heißt es oft: „Sich nicht zu kümmern ist eine belgische Wesensart.“ Positiv ausgedrückt: In Belgien lässt man seine Nachbarn in Frieden leben – in vielen Fällen ist das meiner Meinung nach auch richtig, in manchen wäre ein Eingreifen sinnvoll …  Aber wer weiß das schon immer im Voraus …?

Bei uns in Ostbelgien haben wir immer wieder zwischen den Herrschaftsgebieten gewechselt.

Im 1. Weltkrieg haben wir hier in Eupen-Malmedy noch auf deutscher Seite . Durch den Versailler Vertrag fiel die Region dann an Belgien.  Wobei der finanzschwache belgische Staat damals sogar mit Deutschland verhandelte, ihm das Gebiet gegen 200 Millionen Goldmark wieder zu überlassen – was aber am energischen Widerstand Frankreichs scheiterte. Im Zweiten Weltkrieg wurde unser Gebiet dann einfach per Führererlass dem Deutschen Reich einverleibt, worauf der belgische Staat damals auch nicht wirklich entschieden reagierte. Nach dem Krieg führte Belgien dann im Grenzgebiet drastische Säuberungswellen der Entnazifizierung durch, und die deutsche Sprache und Geschichte wurden im Schulunterricht regelrecht abgelehnt.
Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde dann aber zu einer Epoche der belgisch-deutschen Aussöhnung. Hier im Grenzgebiet haben wir eine besondere Situation, weil die Menschen sich zum Teil mit Deutschland identifizieren, wegen der Sprache und der Lage, aber belgisch sind, was die Gesetze und zum großen Teil auch die Lebensphilosophie angeht. Im besten Fall können wir hier heute etwas Positives aus beiden Ländern vereinen: angenehme belgische Lebensart verbunden mit (etwas) deutscher Präzision.

7. Wo kauft man bei Hofe ein?

 

Da es in den Noble Homestorys um besonders edle Produkte geht, möchten wir gerne das Beispiel der „Offiziellen Hoflieferanten des belgischen Königshauses“ (Les Fournisseurs Brevetés de la Cour de Belgique) erwähnen. Der Titel „Hoflieferant des belgischen Königshauses“ wird für einen Zeitraum von fünf Jahren verliehen und kann danach verlängert werden. Der Antragsteller muss alle Bedingungen der uneingeschränkten Ehrenhaftigkeit erfüllen. Er oder das betreffende Unternehmen müssen in Belgien niedergelassen sein und über einen Zeitraum von mindestens 5 Jahren Waren oder Dienstleistungen in entsprechender Qualität und Quantität für die Zivilliste des Königs geliefert bzw. erbracht haben.

Beispiele belgischer Hoflieferanten, die wir für Sie besucht haben:

Neuhaus

Seit mehr als 100 Jahren, seit Jean Neuhaus die belgische Praline erfunden hat, werden auch heute noch alle Neuhaus-Pralinen in Belgien hergestellt.

Wittamer

Zuckerbäckerei („Pâtisserie“) – Hier kauft man in Brüssel ein, wenn man sich ganz besondere Backwaren gönnen möchte.

Libeco

Flachsweberei für die schönsten Leinenstoffe für Wäsche, Möbel und Dekorationen – siehe dazu auch die Markenbeschreibung in den Natural Homestorys.

Flamant

Möbel und Dekoration für den belgischen Lifestyle unter dem Motto „You are home“ – siehe auch die Markenbeschreibung in den Traditional Homestorys.

Die Marke Delvaux ist tatsächlich älter als das Land, aus dem sie stammt. Im Jahr 1829, noch vor der Unabhängigkeitserklärung Belgiens, gründete Charles Delvaux in Brüssel das Geschäft „Objets du voyage“. Er stellte Taschen und Koffer aller Art für die in Mode gekommenen Zug- und Schiffsreisen her. Bereits 1883 wurde Delvaux übrigens zum belgischen Hoflieferanten ernannt.

 

 

Für unabhängige Damen, die mit leichtem Gepäck reisen wollten, erfand Delvaux die Lederhandtasche, die 1908 patentiert wurde. Seitdem werden bei Delvaux alle Entwürfe in das „Goldene Buch“ eingetragen – bis heute sind dort mehr als 3000 Designs für Handtaschen zu finden. Zur Weltausstellung 1958 war Delvaux bereits eine bekannte Brand und brachte den späteren Klassiker „Le Brillant“ auf den Markt. Delvaux hat sich höchsten Qualitätsansprüchen, Tradition und Zeitlosigkeit verschrieben – gepaart mit einem charmanten Sinn für Ironie, Modernität und unbekümmerte Respektlosigkeit. Heute gibt es weltweit 50 eigene Delvaux Boutiquen. Viele der Delvaux-Modelle wie Le Brillant, Tempête, Lingot oder Pin sind bis heute absolute Klassiker und sicherlich der Traum so mancher modebewussten Frau.

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